(zumindest auf dem Weg dorthin)
Eigentlich hätte er platzen müssen. Und an einem Fallschirm heruntersegeln. Dann wäre der Ballon sicher nicht fast 350km geflogen.
Doch der Reihe nach: Alles fing mit dem Projektkurs "Beyond the Atmosphere" in der Projektwoche an. Nein, eigentlich schon vorher: In der Programmier-AG hatten wir uns bereits vor Wochen auf das Projekt vorbereitet, und die Auswerte-Elektronik für das Geiger-Müller-Zählrohr gebastelt und programmiert. Ziel sollte sein, die Radioaktivität auf dem Weg zur Stratosphäre zu messen. Denn in unserer Atmosphäre passiert so einiges: kosmische Strahlung wird absorbiert, Teilchen werden ionisiert und Sekundärstrahlung entsteht. Auf dem Weg nach oben verringert sich der Druck, die Temperatur ändert sich, selbst die Anziehungskraft der Erde bleibt nicht konstant. All das wollten wir näher untersuchen.
Zuvor besuchten wir das Meteorologische Institut der Universität Bonn, die uns über die aktuelle Forschung und die Messungen berichteten, mit denen die täglichen Wettervorhersagen berechnet aber auch langfristige Klima-Veränderungen untersucht werden. Und dass das Klima für unsere Zukunft eine wichtige Rolle spielt, weiß heutzutage ja bereits jedes Kind. Doch um das alles zu verstehen, ist ein Studium unerläßlich, bei dem auch ein Großteil aus Mathematik und Physik besteht. Unsere Projektgruppe durfte auch einige Experimente durchführen und das Wetter-Radar auf dem Dach des Instituts bestaunen.
Am Schulfest konnte dann endlich (nach mehreren Verschiebungen aufgrund des Wetters) unser Ballon gestartet werden. Dabei musste an tausend Sachen gedacht werden: Ist die Kamera und der Datenlogger eingeschaltet? Besteht ein Kontakt zum WLan, damit die Uhrzeit synchronisiert wird? Läuft der Server, der den Live-Stream der Kamera übertragen sollte? Wie schwer ist die Sonde, um genau zu berechnen, wieviel Helium in den Ballon eingefüllt werden muss? Funktioniert der GPS-Sender, der die Position des Ballons zurückmeldet?
Irgendwann, nachdem alles gecheckt wurde, konnte der Count-Down beginnen, und als dann endlich eine Schere, die die letzte Schnur durchtrennen sollte, gefunden war, hob der Ballon ab. Durch den starken Wind wurde die Sonde noch gefährlich nah an die Bäume geblasen, diese wurden aber gerade so umschifft, so dass der Ballon immer höher stieg und letztlich nur noch ein kleiner Punkt am Himmel war. Auch der Live-Stream funktionierte, und alle Besucher des Schulfestes konnten live die Bilder der ersten Kilometer verfolgen, bis der Ballon außerhalb der Reichweite des Mobilfunknetzes war. Das letzte Signal der Sonde war aus 7,5km Höhe, wo der Ballon bereits eine Horizontalgeschwindigkeit von 176 km/h besass. Es war windig dort oben!
In der Nähe von Gießen sollte der Ballon eigentlich landen. So war die Vorhersage, welche aktuelle Winde sowie die Platz-Höhe des Ballons berücksichtigt. Denn die Luft wird da oben dünner (der Druck nimmt ab, würden die Physiker mit Hilfe der barometrischen Höhenformel ausrechnen), und nach dem idealen Gasgesetz dehnt sich der mit Helium gefüllte Ballon (unter Annahme konstanter Temperatur) aus und sollte dann platzen. Doch es kam ganz anders: Als die Sonde dann schließlich in der Nähe der tschechischen Grenze gefunden wurde, war der Ballon noch mit einem Rest Helium gefüllt. Vermutlich ist folgendes passiert: durch das Ausdehnen des Ballons schabte der Kabelbinder, so dass ein kleines Loch entstand. Dadurch sank der Ballon bereits ab einer Höhe von 28km, verpasste deshalb die in höheren Lagen wehenden Ostwinde und schwebte viel länger als geplant zur Erde.
Es gab noch ein Problem: Beim Landen verfing sich der Ballon in 30m Höhe in einer Kiefer. Die Sonde baumelte in 15m Höhe unerreichbar an der Schnur. Zum Glück halfen uns viele nette Menschen im Rathaus von Stockheim, einen Baumkletterer zu finden, der mit Hilfe eines Katapults die Sonde vom Baum holte.
Jetzt sind natürlich alle gespannt auf die Ergebnisse. Das dauert leider noch ein bisschen, aber eine wichtige Messreihe können wir schon veröffentlichen: Die Messung der Äquivalentdosisleistung in Abhängigkeit der Höhe über NN. Auf der Erde haben wir eine Dosisleistung von etwa 120 nSv/h (Nano-Sievert pro Stunde) durch natürliche Strahlungsquellen. Das ist vollkommen ungefährlich. Doch je höher man kommt, desto stärker wird die Strahlenbelastung. Das ist insbesondere für Piloten oder Flugpersonal wichtig, denn auf Dauer ist eine so hohe Exposition nicht gesund. Doch unsere Messung verrät noch mehr:
Ab einer Höhe von 19km nimmt die Strahlung wieder ab. Das ist das sogenannte Regener-Pfotzer-Maximum, welches darauf hindeutet, dass die gemessene radioaktive Strahlung in dieser Höhe erst entstanden sein muss. Das wird durch Stöße von schnellen Teilchen aus dem Weltall und der Sonne (Kosmische Strahlung) mit den Gasteilchen der Atmosphäre verursacht. Diese Strahlung nennt man deshalb auch Sekundäre Höhenstrahlung.
Weitere Daten und Messwerte sind hier einzusehen.
An dieser Stelle wollen wir uns nochmal herzlich bei und dem Förderverein des CvO bedanken, die das Projekt erst möglich gemacht haben.