Biographische Übersicht zusammengestellt von Walter Christian
1889
Am 03.10. als einziges Kind oberschlesischer Zuwanderer im ärmlichen Hamburger Hafenviertel geboren und katholisch getauft, 1904 aber evangelisch konfirmiert. Nach dem Tod des Vaters 1891 und der Wiederverheiratung der Mutter 1898 von seinem Stiefvater mit den Anliegen der Sozialdemokratischen Partei (SPD) vertraut gemacht.
1907
Nach acht Jahren Privatschule, einer abgebrochenen Kaufmannslehre und misslungenen Versuchen, die staatliche Mittlere Reife zu erlangen, Schreibkraft beim Hamburger Amtsgericht (mit Unterbrechungen bis Anfang 1919), meistens mit Unterstützung des Senators und späteren Bürgermeisters Dr. Predöhl, in dessen Rechtsanwaltskanzlei Ossietzkys Vater als Schreibkraft tätig war.
1911
Erster Beitrag im Parteiorgan der Demokratischen Vereinigung: "Das freie Volk", später unbezahlte regelmäßige Mitarbeit, auch in Zeitschriften des antikirchlichen Deutschen Monistenbundes. Sein Hauptthema: Bekämpfung des Militarismus in der Gesellschaft des Deutschen Kaiserreichs.
1912
Vorstandsmitglied in den Hamburger Ortsgruppen der Deutschen Friedensgesellschaft (1892 in Berlin gegründet) und des naturwissenschaftlich orientierten Monistenbundes (1906 von Ernst Haeckel in Jena gegründet), kurzfristig auch Mitglied einer linksliberalen Hamburger Freimaurerloge.
1913
Eheschließung mit der englischen Frauenrechtlerin Maud Lichfield-Woods, die sein politisches und journalistisches Engagement maßgeblich unterstützt (1974 in Ost-Berlin gestorben).
1914
Verurteilung zu 200 Reichsmark Strafe wegen eines Artikels gegen die Militärgerichtsbarkeit. Während des Kriegs keine Publikationsmöglichkeit.
1916
Als Bausoldat bis 1918 an der Westfront im Einsatz, aber weiterhin pazifistisches Engagement.
1919
Zunächst Mitarbeiter in dem kleinen Hamburger Pfadweiser-Verlag, dann Sekretär der Deutschen Friedensgesellschaft in Berlin. Geburt der Tochter Rosalinda (2000 in Schweden gestorben).
1920
Redakteur der "Berliner Volkszeitung" und Mitinitiator der Bewegung "Nie wieder Krieg!"
Mitglied im Bund Neues Vaterland (1922 umbenannt: Deutsche Liga für Menschenrechte).
1922
Mitgründer der Liga Junge Republik.
1924
Mitgründer der Republikanischen Partei (RPD), erfolglose Kandidatur bei den Reichstagswahlen.
Wegen Parteipolitik Entlassung bei der "Berliner Volkszeitung". Redakteur bei "Das Tage-Buch" und "Montag Morgen".
1926
Mitarbeit bei der "Weltbühne" als Redakteur.
1927
Chefredakteur der "Weltbühne". Verurteilung zu 500 Reichsmark Strafe wegen öffentlicher Beleidigung der Reichsmarine, danach wegen Beleidigung der Reichswehr Gefängnisstrafe von einem Monat, die später in Geldstrafe umgewandelt und dann erlassen wird. Im darauf folgenden Jahr zwei weitere Geldstrafen wegen kritischer Artikel in seiner Zeitung.
1929
Mitglied im Präsidium des Ausschusses zur öffentlichen Untersuchung der "Blutmai"-Massaker.
1931
Verurteilung durch das Reichsgericht in Leipzig zu 18 Monaten Haft wegen angeblichen Landesverrats.
1932
Appelle zur Bildung einer linken Einheitsfront, um die Machtergreifung der Nazis zu verhindern.
Am 10.05. Haftantritt in Berlin-Tegel. Vorzeitige Entlassung am 22.12. infolge einer Weihnachtsamnestie.
1933
Verhaftung durch Geheime Staatspolizei (Gestapo) in der Nacht des Reichstagsbrands vom 27./28.02. und Verfrachtung in das Konzentrationslager (KZ) Sonnenburg bei Küstrin ("Schutzhaft").
1934
Verlegung in das KZ Esterwegen bei Papenburg.
Beginn der Friedensnobelpreiskampagne des "Freundeskreises Carl von Ossietzky", unterstützt durch den jungen Willy Brandt und Prominente wie Albert Einstein und Thomas Mann .
1936
Mit unheilbarer Tuberkulose in das Berliner Polizeikrankenhaus eingeliefert.
Ablehnung von Görings Angebot der Haftentlassung und der Auszahlung einer jährlichen Rente bei Verzicht auf den Nobelpreis.
Offiziell aus "Schutzhaft" entlassen, Westend-Sanatorium (Polizeibewachung).
Am 23.11. Zuerkennung des Friedensnobelpreises für das Jahr 1935.
Verbot der Reise nach Oslo zur Preisverleihung.
1938
Tod am 04.05. in dem bescheiden ausgestatteten Berliner Lungensanatorium Nordend an den Folgen der KZ-Haft.
Gestapo lässt nur anonyme Bestattung zu.
In der DDR-Zeit an der vermuteten Stelle der Urnenbestattung eingerichtet: Ehrengrab des Landes Berlin für ihn und seine 1974 verstorbene Ehefrau Maud von Ossietzky auf dem Friedhof Pankow IV in Berlin-Niederschönhausen, Buchholzer Straße 8 (nahe dem Ossietzkyplatz).